Verknüpfen
Die klassischen Verbindungen von Form und Funktion, Ratio und Emotio, von Ansprüchen und Qualitäten, von Mensch und Maschine und von Preis und Leistung – um nur einige Standards zu nennen – sind nach wie vor wesentlich im Wechselspiel der Gestaltung, loten aber meist nur produktperspektivisch die Kontexte aus, in denen das Objekt seine Haupt- und Nebenwirkungen entfalten wird. Um jedoch bis zu den wertvollen Wechselwirkungen zu gelangen, müssen im Designprozess sehr weitreichende Verknüpfungen gelingen.
Eigentlich müssten die Voraussetzungen dafür günstiger werden,da wir entlang der gesamten ökologischen Fragestellungenden hoch-komplexen Zusammenhängen im Öko-System mehr und mehr auf die Spur kommen und Folgen unserer Eingriffe begreiflicher werden. Mit der möglichen Konsequenz, durch intelligente Gestaltung Synergiepotenziale nutzbar machen zu können.
Das aber wird nicht ohne Eleganz gelingen, denn Einsicht führt vielleicht zu einer gewissen Akzeptanz – aber nicht mitten in den Alltag hinein. Und genau da brauchen wir die attraktiven Synergien.
Stellt sich beispielsweise die Frage, wie wir die mit enormen Mitteln geweckte und hochpotenzierte „Freude am Fahren“ derart kultivieren können, dass durch Hinzugabe einer Prise Schwarmintelligenz zugkräftige Windschatten, unterhaltsame Mitnahme-Effekte, aber auch abenteuerfreudige Trittbrettfahrten ermöglicht werden können – en mass und schwarmtypisch zum Wohle (fast) aller.
Oder doch eher nur zum Wohle des Schwarms? Wie käme ich da freiwillig rein und wie auch wieder raus? Wo einem schon schwindelig wird, im Mikroschwarm zu fünft und zu Fuß eine befahrende Straße zu überqueren…
Die innige Verknüpfung von Menschen mit Systemen und ihren Maschinen, und seien es die aktuell smartesten, hat neben der Chance, Synergien zu erzeugen auch erhebliche Gefahrenpotenziale: unaufhaltbare (und unentrinnbare) Eigendynamik und extreme Anfälligkeit für Fernsteuerungen – was sich nicht gegenseitig ausschließen muß, sondern hochspielen kann.
Möglicherweise ist die massenhafte Nutzung standardisierter SocialNetworks sogar für die intimsten Botschaften schon eine Vorahnung, aber auch Vorübung darauf, wie dies künftig in allen Bereichen scheinbar individueller Ressourcen- und Infrastruktur-Nutzung etwa bei Mobilität, Klimatisierung, Einkauf, Produktion, Handel und Gebrauch nur noch geschehen kann – weil wir uns linearen und parallelen Verbrauch einfach nicht mehr leisten können.
Der Trick, das Teilen attraktiv zu machen, liegt möglicherweise in der Mit-Teilung. Und eine weitere Steigerung in der Teilhabe daran. Wenn wir also jetzt massenhaft Gefallen gefunden haben, unsere Erlebnisse zu verknüpfen, wieviel spannender wird es wohl, wenn wir bald unsere Vorhaben verknüpfen?
Aber: Schwärmen will gelernt sein!
Axel Kufus, Mai 2010
aus ‚Manuskript‘ – Essentials für den Alltag von Innenarchitekten und Designern
Axel Müller-Schöll,
Birkhäuser Verlag, 2007
2. Auflage 2010
ISBN-10: 3034605986